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Dienstag, 26. Februar 2013

„Tagebuch eines Sechzehnjährigen“ von Yasunari Kawabata

Yasunari Kawabatas „Tagebuch eines Sechzehnjärhigen“ enthält drei Erzählungen und zwei Kurzgeschichten („Die Geschichte mit dem Strohhut“ und „Vorwinter“). Den meisten Umfang nimmt nicht die Titel-gebende Erzählung „Tagebuch eines Sechzehnjährigen“ ein, sondern „Die Tänzerinnen“: Zwei Balletttänzerinnen, Mutter und Tochter, Namiko und Shinako stehen hier im Mittelpunkt. Namiko entstammt einer wohlhabenden Familie. Durch ihr Vermögen sichert sie den Lebensstandard, während ihr Ehemann Yagi durch seine Betätigung als Literaturwissenschaftler kaum Geld nach Hause bringt. Vielmehr gibt er mehr aus als nötig und behält sein Gehalt der Familie vor. Wie auch in anderen Familien der Nachkriegsjahre werden hier die althergebrachten Rollenverteilungen von Mann und Frau brüchig – der Mann ist nicht mehr Versorger der Familie. Auch in einem weiteren Punkt weicht Namiko langsam von der ihr zugedachten Rolle ab, als sie sich ihrer Jugendliebe nähert. Namiko beginnt ihr bisheriges Eheleben in Frage zu stellen:

„Sind Zurückhaltung, Scham, Folgsamkeit die Kennzeichen der Frau, die an die eisernen Traditionen dieses Landes angeschmiedet war?“ (S. 124)

Wird eine Frauengeneration reichen, die alten Rollenvorstellungen zu durchbrechen?

Ein bisschen gequält habe ich mich mit der Erzählung „Ihre zweite Ehe“. Unter anderem weil ich mit den Protagonisten so überhaupt nicht warm geworden bin und mir die Metaphern, Sinn- und Stimmungsbilder zu viel geworden sind. Auch in „Ihre zweite Ehe“ wird ein Frauenschicksal skizziert, indem der Ich-Erzäher seine Ehe beschreibt: Er hat mit 35 Jahren eine Frau geheiratet, die mit 28 Jahren bereits verwitwet und Mutter zweier Kinder war. Die Kinder hat die Ehefrau bei der Familie ihres verstorbenen ersten Mannes belassen – und gilt daher nicht mehr als legitime Mutter der beiden. Dennoch geht insbesondere die Tochter bald in dem Haushalt des Ich-Erzählers ein und aus. Doch insbesondere als sich die Tochter verheiraten möchte, tun sich einige Probleme auf.

Mit Kommentaren aus zwei späteren Lebensphasen präsentiert Yasunari Kawabata „Das Tagebuch eines Sechzehnjährigen“, der die letzten Tage vor dem Tod seines Großvaters dokumentiert. Der alte Herr bedarf Vollzeitpflege, die entweder der 16-jährige Schüler oder eine hilfsbereite Bauersfrau übernimmt. Für den Teenager ist der Pflegedienst zwar eine schwere Belastung, doch die Erlösung des Alten bedeutet für den Jungen auch den Verlust des letzen Verwandten.

Bibliographische Angaben:
Kawabata, Yasunari: „Tagebuch eins Sechzehnjährigen“, Rowohlt, Reinbek 1971, ISBN 3-499-11428-3

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