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Dienstag, 12. Januar 2016

„Auf einem andern Weg“ von Ayako Miura

Der autobiographische Roman „Auf einem andern Weg“ ist sicherlich primär für die Leser interessant, die sich für die Person der Autorin Ayako Miura (geborene Hotta) und ihren bewegten Lebensweg begeistern können. Sprachlich ist das Werk sehr einfach gehalten, was jedoch nicht negativ zu verstehen ist. Vielmehr liest sich die Autobiographie so, als würde uns eine gute Bekannte aus ihrem Leben erzählen. Und so leidet man mit der Autorin mit und kann sich das eine oder andere Mal ein Tränchen kaum verkneifen. Denn krankheitsbedingt musste Ayako Miura einiges auf sich nehmen und hatte dabei das Glück, an besonders verständnisvolle Männer zu geraten.

„Auf einem andern Weg“ setzt ein mit dem Schock, den die Lehrerin Ayako mit der Kapitulation Japans nach dem zweiten Weltkrieg erlitt. Vieles von dem, was sie noch während des Krieges unterrichtete, soll nun plötzlich falsch sein. Zusammen mit den Schülern werden Stellen aus den Lehrbüchern geschwärzt und somit für nichtig erklärt. Für Ayako bricht eine Welt zusammen und sie verliert ihren Halt. Sie kann ihren ehemaligen Schülern nicht einmal mehr in die Augen schauen. Um aus dem Lehrerberuf ausscheiden zu können, flüchtet sie sich in die Verlobung mit Ichiro Nishinaka.

Doch fast direkt darauf folgt die Diagnose der Tuberkulose, die Ayako lange Zeit ans Krankenbett fesseln wird. Ichiro steht zu seiner Verlobten, besucht die Kranke und unterstützt sie finanziell. Auch ein Jugendfreund namens Tadashi Maekawa beginnt, Ayako regelmäßig zu besuchen. Der Christ Tadashi ist ebenfalls an Tuberkulose erkrankt. Er erkennt, dass Ayako den Halt verloren hat und versucht, ihr den christlichen Glauben näher zu bringen. Dabei sind ihm keine Mühen zu groß, um Ayako wieder Lebensmut einzuhauchen. Der ist auch bitter nötig, denn die Kranke löst ihre Verlobung, da sie Ichiro nicht länger hinhalten möchte. Kurz danach misslingt ihr ein Selbstmordversuch. Halt findet Ayako schließlich doch im Christentum; sie lässt sich taufen.

Der gütige Tadashi ist bald mehr als nur ein guter Freund. Die beiden Tuberkulose-Kranken verloben sich. Doch die Krankheit wird bei Tadashi einen tödlichen Ausgang haben, während Ayako regungsunfähig im Gipsbett liegt. Nicht einmal bei seiner Beerdigung kann sie dabei sein. Wie ein Geschenk des Himmels wirkt da das Kennenlernen des Christs Mitsuyo Miura, der Tadashi Maekawa nicht nur optisch, sondern auch in seiner Haltung gleicht. Aber Ayako kann sich (noch) nicht von der Vorstellung frei machen, sie würde Tadashi verraten, wenn sie eine neue Beziehung eingeht. Zudem fühlt sie sich als Kranke nicht würdig, mit einem gesunden Mann anzubändeln.

Von Ayako Miuras Lebensweg kann man nur beeindruckt sein. Nicht nur krankheitsbedingt hat sie viele Krisen durchgemacht, sich dann aber dennoch irgendwie durchgebissen. Darüberhinaus hat sie anderen Kranken durch briefliche Korrespondenz beigestanden und so die Hilfe weitergegeben, die sie selbst einmal erhalten hat.

Bibliographische Angaben:
Miura, Ayako: „Auf einem andern Weg“ (Übersetzung aus dem Englischen: Noack, Hans-Georg), Christliche Verlagsanstalt, Konstanz 1978, ISBN 3-7673-3355-4

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