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Donnerstag, 29. Januar 2015

„Auf schmalen Pfaden durchs Hinterland“ von Basho

Im Jahr 1689 begab sich der Dichter Basho „Auf schmalen Pfaden durchs Hinterland“. Sein Reisetagebuch, das auch unter dem Namen „Oku no hosomichi“ bekannt ist, schildert seine Wanderung durch den Norden Japans, die Basho zusammen mit seinem Kompagnon Sora unternahm. So tat Basho es seinem Vorbild, dem Wandermönch und Dichter Saigyo, auf dem Weg durch den Norden gleich: Sich von irdischen Zwängen frei machend und im Sinne von Wander-Exerzitien einen asketischen Lebensstil auf dem Weg führend begab sich Basho von einem Uta-makura (= Gedichtskopfkissen; im Sinne eines viel bedichteten Ortes, bei dessen Anblick man auf bereits existierende Gedichte aufsetzen kann und so Inspiration für eigene poetische Ergüsse findet) zum nächsten.

Basho gibt in „Auf schmalen Pfaden durchs Hinterland“ selbst Auskunft zum Phänomen des Uta-makura, aber auch zur Vergänglichkeit der Dinge:

„An Orten, die als ‚Gedichtskissen’ dienen, da man von alters her nicht aufgehört hat, sie zu bedichten, sind uns viele überliefert worden. Berge stürzen ein, neue Flüsse quellen hervor, Wege vergrasen, in die Erde versunkene Steine werden unsichtbar, Bäume altern und erstehen als junge Triebe verwandelt wieder – so ändern sich die Zeiten und wechseln Menschengenerationen: die verbleibenden Spuren sind meist fraglicher Natur.“ (S. 133)

Seine Definition der selbstauferlegten Wander-Exerzitien liefert der Dichter ebenfalls:

„Schließlich aber befand ich mich auf einer Wanderübung, ein Wanderer durch weit entlegene Provinzen, der um der Erleuchtung willen der Welt entsagt und sich auch die Idee der Vergänglichkeit stets vergegenwärtigt und der die Möglichkeit, unterwegs zu sterben, hinnimmt als Bestimmung des Himmels.“ (S. 115)

55 episodenhafte Kapitelchen skizzieren Bashos Erlebnisse, die teilweise mit einem Haiku garniert werden. Da wären einerseits Haiku wie

„Nichts als Flöhe und Läuse!
Und nah an meinem Kopfkissen
pisst auch noch ein Pferd!“
(S. 241)

, die eher an die profane Not eines Reisenden in einer miesen Unterkunft erinnern. Andererseits beinhaltete das „Oku no hosomichi“ auch zahlreiche Haiku, die ohne die ausführlichen Anmerkungen glatt nicht zu deuten sind, wie z.B.

„Der Siebte Monat:
Schon diese Nacht des sechsten Tages
ist anders als die anderen!“
(S. 221)

Sicherlich können nur ausgemachte Japan-Experten auf den ersten Blick erkennen, dass sich dieses Haiku auf das im siebten Monat gefeierte Sternenfest bezieht, wenn sich Wega und Altair am Sternenhimmel begegnen. In der Mythologie steht die Begegnung für das langersehnte Wiedersehen zweier zu Trennung verdammter Liebender am siebten Tag des siebten Monats. Basho spielt mit dem Haiku darauf an, dass schon am Vorabend Spannung ob dieses wichtigen Treffens in der Luft liegt.

Bashos „Auf schmalen Pfaden durchs Hinterland“ bietet einen einzigartigen Einblick in längst vergangene Zeiten. Jedoch mag das Werk nur wirklichen Japan-Fans ans Herz gelegt werden. Die Fußnoten übersteigen den textlichen Umfang des Originaltexts um einiges. Und dieser entschlüsselt sich an vielen Stellen eben nur über die Anmerkungen, die unter anderem biographische und geographische Daten, Gedichte, auf die Basho anspielt, und traditionelle Metaphern umfassen.

Bibliographische Angaben:
Basho: „Auf schmalen Pfaden durchs Hinterland“ (Übersetzung aus dem Japanischen: Dombrady, Geza S.) Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Mainz 2014, ISBN 978-3-87162-075-1

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