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Montag, 2. September 2013

„Die Schwestern Makioka“ von Junichiro Tanizaki

592 Seiten umfasst Junichiro Tanizakis Roman „Die Schwestern Makioka“, der in drei Teile aufgeteilt ist. Er setzt im Jahr 1936 ein und begleitet die vier Schwestern der Familie Makioka, die die beste Zeit schon hinter sich hat. Nach dem Tod des Vaters blieben nur Schulden – doch dank der adoptierten Ehemänner der beiden ältesten Töchter Tsuruko und Sachiko müssen die Schwestern keine Not leiden. Während Tsuruko und ihr Ehemann Tatsuo die Stammfamilie in Osaka bilden, lebt Sachiko mit ihrem Gatten Teinosuke in Ashiya als Zweigfamilie. Die beiden noch unverheirateten Schwestern Yukiko und Taeko bevorzugen entgegen der Tradition den Aufenthalt in Ashiya, wo sie der strengen Behandlung durch die Stammfamilie entgehen können.

Das große Thema, das der Roman behandelt, ist die Verheiratung der zweitjüngsten Schwester Yukiko. Sie ist ruhig, fast schon melancholisch und sehr traditionell eingestellt. Dagegen ist die jüngste Schwester Taeko ein „modern girl“: Sie trägt westliche Kleidung, verdient mit ihrem Hobby, der Herstellung von Puppen, sogar eigenes Geld. Aber auch ganz von ihrem unangepassten Lebensstil abgesehen ist sie das schwarze Schaf der Familie, seitdem sie mit einem verzogenen Juwelierssohn kurzzeitig durchgebrannt war. Zwar waren beide reumütig zu ihren Familien zurückgekehrt, doch der kleine Skandal schlägt sich doch negativ auf Yukikos Heiratschancen nieder.

In „Die Schwestern Makioka“ geschieht viel Alltägliches und auch einiges Tragisches. Primär plätschert der Roman allerdings so dahin und die nicht geringe Seitenanzahl beginnt sich irgendwann ziemlich hinzuziehen. Sicherlich bringt die widerspenstige Taeko ein bisschen Schwung in die Handlung, doch da ein größeres Gewicht auf die vielen erfolglosen Miais von Yukiko liegt, kommt keine Spannung auf. Man ist als Leser bald genauso resigniert wie die Figur der Yukiko.

Interessant an „Die Schwestern Makioka“ ist allerdings, dass der erste Teil, der während des zweiten Weltkriegs erschien, verboten wurde. Selbstbewusste Frauen schienen wohl nicht mit der Kriegspropaganda vereinbar, die den Heldentod in den Mittelpunkt stellte. (Mehr dazu findet sich hier auf der Homepage von Ruth Linhart.)

Wer sich für die im Wandel begriffene Frauenrolle in den 30er/40er Jahren interessiert, der kann sicherlich einiges aus „Die Schwestern Makioka“ herausholen. Mir war der Roman jedoch viel zu langatmig. Dennoch bin ich nach der Lektüre wahrlich froh, nicht als Japanerin in dieser Zeit gelebt zu haben: Ständige Bevormundung durch die Stammfamilie; kein Recht auf eigene Lebensentscheidungen; höchstes Ziel eine Einheirat in eine angesehene Familie; dafür Miais, die an einen Handel mit Tieren erinnern… Das und noch viel mehr zeigt der Roman auf, ohne jedoch Sozialkritik zu üben. Es wird lediglich der Kontrast zwischen der traditionellen Yukiko und der modernen Taeko dargestellt.

Bibliographische Angaben:
Tanizaki, Junichiro: „Die Schwestern Makioka“ (Übersetzung aus dem Japanischen: Yatsushiro, Sachiko), Rowohlt, Reinbek 1964

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