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Sonntag, 17. Februar 2013

„Bis nächstes Jahr im Frühling“ von Hiromi Kawakami

Wer „Herr Nakano und die Frauen“ und „Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß“ kennt, der weiß, dass Hiromi Kawakamis Werke mit minimaler Handlung auskommen. „Bis nächstes Jahr im Frühling“ schlägt da nicht aus der Reihe: Der Leser begleitet die 33-jährige Noyuri durch die Jahreszeiten. Im Winter fährt sie mit ihrem Onkel Makoto in ein Onsen. Dort spricht sie ihr Problem an: Durch einen anonymen Telefonanruf hat sie davon erfahren, dass ihr Ehemann Takuya eine außereheliche Affäre mit seiner Kollegin Satomi hat. Schlimmer noch – er scheint sich ernsthaft in die Dame verliebt zu haben, die so ganz anders ist als Noyuri. Doch weder Takuya noch Noyuri forcieren eine Aussprache. Für Noyuri steht zunächst nur fest, dass sie sich nicht von ihrem Mann trennen will, obwohl in der Ehe jegliche Leidenschaft bereits erloschen ist.

Zu Daikan, der Zeit der großen Kälte, freundet sie sich mit Eiji an, den sie in einem Buchhaltungskurs kennen gelernt hat. Als der Mitsommerwind weht, kommt unversehens eine ehemalige Kommilitonin Noyuris, Tomoko, auf sie zu – ob sie nicht gemeinsam nach Okinawa verreisen möchten. Im Juli, der auch Heumond genannt wird, plant sie, mit Takuya umzuziehen, der versetzt wird. Doch Takuya scheint es egal zu sein, ob Noyuri mit nach Himeji kommt oder in Tokio bleibt. Im Frühherbst erfährt Noyuri von einer zweiten Geliebten ihres Mannes und die Dinge kommen langsam etwas in die Gänge… „Bis nächstes Jahr im Frühling“ zieht sich also Noyuris Entscheidung, wie es mit ihrem Leben und ihrer Ehe weitergehen soll.

Wie auch bei den oben genannten Romanen von Hiromi Kawakami ist es immer wieder erstaunlich, dass insbesondere die Nebencharaktere einen viel stärkeren Eindruck hinterlassen als die Protagonistin. Bei „Herr Nakano und die Frauen“ ist dies vor allem der sprunghafte Herr Nakano, bei „Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß“ der schrullige Sensei. Und bei „Bis nächstes Jahr im Frühling“ ist es der Onkel Makoto, dessen eigene Liebesaffäre auffliegt, als seiner Frau die extrem extravaganten Straußenlederschuhe, die ihm seine Geliebte geschenkt hat, in die Hände fallen. Und freilich auch die auffällige Tomoko, die gern etwas zu tief ins Glas schaut. Noyuri selbst bleibt etwas farblos. Sie ist eine Meisterin der Verdrängung und daher werden ihre Motive nicht transparent.

Trotzdem ist „Bis nächstes Jahr im Frühling“ ein schönes, wenn auch sehr gemächliches Leseerlebnis, auf das man sich einlassen muss.

Bibliographische Angaben:
Kawakami, Hiromi: „Bis nächstes Jahr im Frühling“, Hanser, München 2013, ISBN 978-3-446-24128-2

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