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Sonntag, 22. April 2012

„Die Frau in den Dünen“ von Kobo Abe

Ein passionierter Insektensammler verlässt die Stadt Richtung Meer. Dort hofft er, eine bisher unentdeckte Insektenart ausfindig zu machen. Er als Entdecker würde das Insekt benennen dürfen und damit unsterblich werden.

Doch statt selbst einen legendären Fang zu machen, geht er den Bewohnern des strandangrenzenden Dorfes in die Falle: Da er die letzte Möglichkeit verpasst hat, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück zu fahren, beschließt der Mann, im Dorf zu übernachten. Die Bewohner zeigen sich zuvorkommend und führen in zu einem tiefen Sandloch, auf dessen Grund sich ein von einer allein stehenden Frau bewohntes Haus befindet. Mit einer Strickleiter erreicht der Mann den Grund des Sandlochs und verbringt eine ungewöhnliche Nacht in dem vermoderten Haus, das die Frau vom Sand freischaufelt, bevor sie zu Bett geht. Als er am nächsten Morgen zum Insektensammeln aufbrechen will, entdeckt er entsetzt: Die Strickleiter ist verschwunden und er sitzt auf dem Grund des Sandlochs fest. Fortan wird von ihm erwartet, zusammen mit der Frau jede Nacht Sand zu schaufeln. Denn das Haus im Sandloch wirkt wie eine Bastion gegen den Sand, der sonst weiter vor dringen und das ganze Dorf zerstören könnte.

Der Protagonist findet sich in einer archaischen Gemeinschaft wieder, in der sich der Einzelne dem Nutzen aller beugen muss. Und so sitzt selbst die Frau wie eine Gefangene im Sandloch fest. Sie kämpfen mit den widrigsten Umständen in dem feuchten, heißen Sandloch: Die Haut ist wund vom Sand, die Augen verkleben und die Hitze ist unerträglich. Kein Wunder, dass der Mann plant, möglichst bald zu fliehen...

„Die Frau in den Dünen“ von Kobo Abe verbreitet eine verstörende Stimmung: Das Leben ist dem Wesen des Sandes völlig unterworfen. Abseits aller technischen Errungenschaften besteht das Leben des Mannes fortan aus Sandschaufeln und Entbehrung.

Doch in dieser unerbittlichen Szenerie durchwandelt der Mann in Gedanken sein Leben vor der Gefangennahme: Klammern sich die Menschen nicht an die Unverbindlichkeit ihrer Lebensumstände, da sie immer glauben, eine Rückfahrkarte in der Tasche zu haben? Was ist nun mit ihm, dem hohe Sandmauern eine Rückfahrt verweigern? Kann man sein Glück auch ohne die Freiheit, von heute auf morgen verschwinden zu können, finden?

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