Labels

Donnerstag, 7. Juli 2011

„Die Trauminsel“ von Keizo Hino

„Ich mag Leute wie Sie, die ihr Leben gelebt und sich verrannt haben. Kann junge Männer nicht leiden. Die reden viel daher, ohne gelebt zu haben. Kommen Sie nun mit?“ (S. 100)

… sagt die halbstarke Motorradfahrerin Yoko zu Shozo.

Der Witwer Shozo hat 30 Jahre seines Lebens damit zugebracht, in seiner Baufirma beim Wiederaufbau des nach dem zweiten Weltkrieg in Trümmern liegenden Tokios zu helfen. Für Wolkenkratzer und Architektur kann er sich mehr begeistern als für die Suche nach einer neuen Lebenspartnerin. Ein Wendepunkt tritt ein, als er das „Neuland“ betritt, das sich vor Tokio bildet: Eine Mischung aus Erde und Abfall dient zur Neulandgewinnung an der Küste. Die Verwesung des Mülls und die Abgelegenheit der Gegend fasziniert Shozo, er blüht regelrecht auf und lebt für die Sonntage, die er auf dem „Neuland“ verbringt. Doch noch ein weiteres Faszinosum tritt in Shozos Leben: Die unnahbare, wilde Motorradfahrerin Yoko, die vom Neuland genauso angezogen wird wie Shozo.

Keizo Hino thematisiert mit „Die Trauminsel“ aber vor allem die Megalopolis im Verhältnis zur Natur. In der Großstadt als auch in der Natur ist alles dem Verfall und dem Sterben geweiht. Doch die Stadt ist zerstörerisch und kann in letzter Konsequenz dazu führen, dass die Menschen nur noch hohl wie Schaufensterpuppen ihr Dasein fristen. Versöhnlich bleibt:

„Die Kraft, die endlos Müll und Kadaver hervorbringt und diese dann wieder in winzige Stoffe zerfallen lässt, schafft auch wieder neues Leben.“ (S. 160)

Keizo Hinos „Die Trauminsel“ reflektiert in eindrücklichen Bildern über das Phänomen der Mega-City, die gleichzeitig fasziniert, entfremdet, kreativ wirkt und zerstört.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen